Angststörungen
Agoraphobie und Panikstörung – Was ist das?
Haben Sie starke wiederkehrende Angstattacken ohne klaren Anlass? Empfinden Sie wiederholt intensive Angst in bestimmten Situationen, z.B. im Kaufhaus oder in öffentlichen Verkehrsmitteln? Vermeiden Sie aufgrund dieser Angst solche Situationen häufig? Sind diese Situationen begleitet von starken körperlichen Reaktionen wie Zittern, Atemnot oder Hitzewallungen? Hatten Sie schon einmal das Gefühl, einen Herzinfarkt gehabt zu haben, ohne dass Ihr Arzt Anzeichen dafür finden konnte? Machen Sie sich aufgrund der Angstattacken Sorgen um Ihr Leben oder denken ständig über Ihre Angst nach? Ängste haben im Alltag eine wichtige Funktion, indem sie auf potentielle Gefahren aufmerksam machen und helfen, frühzeitig Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Bei Angststörungen ist dieses „Frühwarnsystem“ aus der Balance geraten, und es werden körperliche Gefahrensignale ausgesendet, ohne dass es einen erkennbaren Grund gibt. Dies ist z.B. bei einer Agoraphobie oder einer Panikstörung der Fall. Als Agoraphobie bezeichnet man eine intensive Angst vor Orten und/oder Situationen, an/in denen das Verlassen der Situation schwierig oder sehr unangenehm wäre, oder in denen Hilfe nicht oder nur schwer zugänglich wäre (z.B. im Flugzeug, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Kaufhäusern).
Eine Panikstörung zeichnet sich durch wiederkehrende unerwartete Panikanfälle aus. Betroffene durchleben wiederholt Episoden intensiver Angst, die sehr plötzlich beginnen und binnen weniger Minuten ihren Höhepunkt erreichen. Sie fühlen sich der Situation hilflos ausgeliefert und erleben einen Kontrollverlust. Bei diesen Panikanfällen werden verschiedene körperliche Symptome verspürt. Hierzu gehören Herzklopfen, Schweißausbrüche, Zittern, Brustschmerzen, Schwindel und Benommenheit. Während und nach den Panikanfällen haben Betroffene große Angst „verrückt“ zu werden oder zu sterben. Agoraphobie und Panikstörungen können zusammen oder unabhängig voneinander auftreten. Einzelne Panikattacken können auch bei anderen psychischen Störungen auftreten, kommen sie jedoch häufiger vor, handelt es sich um eine Panikstörung.
Andere Angststörungen
Spezifische Phobie: Hierbei handelt es sich um eine sehr stark ausgeprägte Angst vor bestimmten Objekten (z.B. Spinnen), Orten (z.B. Keller) oder Situationen (z.B. Prüfungen). Wird man mit diesen Angstauslösern konfrontiert, kann es zu körperlichen Reaktionen (z.B. Schwitzen oder Kurzatmigkeit) bis hin zu einer Panikattacke kommen.
Soziale Phobie: Hierbei handelt es sich um eine stark ausgeprägte Angst vor sozialen Situationen, in denen die Betroffenen vornehmlich Angst davor haben, sich vor Anderen zu blamieren, abgewertet oder gedemütigt zu werden.
Generalisierte Angststörung: Hierbei bezieht sich die Angst in Form von stetig wiederkehrenden, erschöpfenden Sorgen auf viele verschiedene Lebensbereiche.
Wie kommt es dazu?
Ängste beruhen häufig auf negativen Erfahrungen aus der Lebensgeschichte. Sie können jedoch auch auf Erzählungen und Erlebnissen anderer Personen beruhen. Einige Personen berichten von sich, dass sie bereits als Kind ängstlicher waren als ihre Freunde. In vielen Fällen leiden auch andere Familienangehörige unter Angst(störungen). Dem Beginn der Angststörung gehen oft stressreiche Lebensereignisse voraus, welche die vorhandenen Ängste verstärken. Dies kann dazu führen, dass Betroffene beginnen, ihre körperlichen Empfindungen, Gefühle und Gedanken stärker zu beobachten, was wiederum zu stärkeren Ängsten führt. So beginnt ein „Teufelskreis der Angst“. Im Falle der Panikstörung haben Betroffene häufig „Angst vor der Angst“. Sie fürchten sich vor einem erneuten Panikanfall und vermeiden daher Situationen, in denen sie bereits einen erlebt haben.
Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland. Im Laufe eines Jahres erkrankt in Deutschland jede/r Zehnte an einer Angststörung. Frauen sind dabei fast doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Was sind die Folgen?
Betroffene mit einer Agoraphobie oder Panikstörung werden im Verlauf der Erkrankung immer stärker in ihrem Alltag eingeschränkt. Angstbesetzte Situationen werden immer häufiger vermieden (z.B. ein bestimmtes Geschäft im Einkaufszentrum). Je häufiger solche Panikattacken auftreten, je größer die „Angst vor der Angst“ wird, desto stärker wird das sogenannte Vermeidungsverhalten. So wird am Ende oft nicht nur das einzelne Geschäft, sondern das gesamte Einkaufszentrum vermieden. Durch die Vermeidung der Situationen wird die Angst oft schlimmer, da man keine Erlebnisse mehr zulässt, bei denen die Angst in diesen Situationen nicht auftritt. Bei einer Panikattacke wissen Betroffene gar nicht, was mit ihnen geschieht. Die körperlichen Symptome sind meist sehr stark und beängstigend. Daher werden häufig eine Notfalleinrichtung oder ein Arzt aufgesucht.
Wo bekomme ich Hilfe?
Wenn Sie die Vermutung haben, dass Sie an einer Agoraphobie oder Panikstörung leiden, sollten Sie sich professionelle Hilfe suchen. Wenden Sie sich an einen Psychotherapeuten/ eine Psychotherapeutin. Diese/r kann Ihnen helfen zu lernen, dauerhaft mit Ihren Ängsten umzugehen und Ihren Alltag zu normalisieren. Bei besonders starker Ausprägung der Ängste und der begleitenden körperlichen Symptome können Sie mit Ihrem Therapeuten/Ihrer Therapeutin besprechen, ob eine vorübergehende, ergänzende medikamentöse Behandlung sinnvoll ist.
Wie wird in der Psychotherapie behandelt?
Die psychotherapeutische Behandlung der Agoraphobie und Panikstörung ist vielfältig. Zum einen werden Ihnen Methoden und Strategien an die Hand gegeben, mit akuten Panikattacken umzugehen. Hierzu kann z.B. das Erlernen von Entspannungstechniken gehören, die in angstauslösenden Situationen angewendet werden können. Das langfristige Ziel der Therapie besteht darin, die Ängste abzubauen oder zu verringern. Hierzu gehört es, genau solche Situationen erneut aufzusuchen, die aufgrund der Ängste vermieden werden. Nur so können Sie wieder positive, angstfreie Erfahrungen mit diesen Situationen machen. Zur Therapie gehört immer auch, die eigentlichen Auslöser der Angst zu ermitteln. Häufig liegen diese in vergangenen sowie konfliktreichen Situationen. In einigen Fällen kann es hilfreich sein, auch Familienangehörige oder enge Bezugspersonen zeitweilig in die Therapie einzubinden.
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